In einem Schreiben haben sich die Jusos an Kommissionspräsident Junker gewannt :
Sehr geehrter Herr Kommissionspräsident,
Vor dem Votum der Kommission letzte Woche im EU-Parlament haben Sie zu Recht von der « Kommission der letzten Chance gesprochen ». Als Jungsozialisten wollen wir keine leeren Versprechen sondern konkrete Taten an denen wir die Politik der Kommission messen können.
Die Europäische Union steht vor großen Herausforderungen. Die Finanz- und Wirtschaftskrise der vergangenen Jahre hat zu einer sozialen Spaltung in der EU geführt. Das Vertrauen in die EU ist tief erschüttert und die Europäische Integration befindet sich in einer schwierigen Phase.
Ihr Vorgänger hat mit der konservativ-liberal ausgerichteten Kommission eine Politik betrieben, die Rezession und hohe Arbeitslosigkeit in Europa zur Folge hatte. Dieselbe Kommission sowie weitere konservativ-bürgerliche Staats- und Regierungschefs haben zugegeben, dass sie die Krise falsch angepackt haben und dass die Sparmaßnahmen und Austeritätspolitik auf Kosten der EU-Bürger sich als falsch herausgestellt haben. Ein Umdenken ist somit erforderlich!
Die europäische Jugend erwartet eine Europäische Union, die sich für ihre Zukunft einsetzt und den voranschreitenden Euro-Skeptizismus und Rechtsruck in die Schranken weist. Gelingen wird dies jedoch nur durch eine Politik, die auf Wachstum und Beschäftigung baut. Erreichen, wird man dieses Ziel, wenn das versprochene Investitionsvolumen auch tatsächlich so ausgelegt wird, dass Infrastrukturprojekte, Forschung und Entwicklung in allen EU-Staaten gefördert werden. Nur so kann die EU ihre Arbeitslosenzahlen nachhaltig in den Griff bekommen und Zukunftsperspektiven für die kommenden Generationen schaffen.
Darüber hinaus müssen die Bürger das Vertrauen an unser gemeinsames europäisches Projekt zurückerlangen. Dafür muss der Mensch in den Mittelpunkt der EU-Politik rücken. Lohndumping gilt es zu bekämpfen, sowie das Mitbestimmungsrecht aller Arbeitnehmer in der EU auszuweiten. Die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns in jedem EU-Land muss deshalb eine Selbstverständlichkeit werden!
Neben der Reindustrialisierung Europas ist es aber auch die Forderung, der voranschreitenden Liberalisierung und Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen aus der Vergangenheit einen Riegel vorzuschieben und die Grundversorgung aller EU-Bürger abzusichern.
Die Finanzkrise mit ihren verheerenden Folgen hat regulatorische Versäumnisse der Vergangenheit offenbart. Die Rettung systemrelevanter Banken hat die europäischen Staaten viele Milliarden gekostet. Damit die Steuerzahler in Zukunft nicht mehr für die riskanten Geschäfte haften müssen, braucht die EU die sofortige Einführung einer europaweiten Finanztransaktionssteuer sowie einer europäischen Bankenabgabe. Spekulationen auf Lebensmitteln sind nicht nur ethisch bedenklich sondern kosten auch jährlich tausende Menschen das Leben. Spekulationen auf Nahrungs- und Lebensmittel gilt es deshalb sofort zu verbieten.
Die Schere zwischen Arm und Reich geht kontinuierlich weiter auseinander. Eine gerechte Gesellschaft zeichnet sich jedoch durch ein gerechtes und solidarisches Steuersystem aus. Besserverdienende und Wohlhabende müssen ihrer Verantwortung nachkommen und mehr Steuern zahlen.
Eine erfolgreiche Politik im Sinne der Menschen kann nicht in Brüsseler oder Straßburger Hinterzimmern entschieden werden sondern muss im ständigen Dialog mit dem Bürgern stattfinden. Dies gilt indes auch für die Ausarbeitung jeglicher Handelsabkommen wie z.B. das geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA Die EU braucht einen Demokratieschub!
Als überzeugte Europäer halten die Jungsozialisten an den vier Grundfreiheiten fest, und werden jeden Versuch, insbesondere die Personenfreizügigkeit einzuschränken nie hinnehmen.
Als Jungsozialisten sind wir skeptisch ob die „neue Kommission“ sich von den Altlasten befreien kann und wir befürchten, dass Sie, Herr Kommissionspräsident, auch nur zur Marionette der deutschen Bundeskanzlerin oder des britischen Premiers mutieren. Die Europäische Union braucht ein gemeinsames Handeln, wir als Jungsozialisten haben klare Vorstellungen und schicken Ihnen deshalb anbei unser Manifest welches wir im Vorfeld der Europawahlen formuliert haben als Denkanstoß für ihr neues Amt.
Von uns bekommen Sie im Moment aber nicht mehr als ein Vertrauen auf Bewährung!
Nationalbüro der „Jonk Sozialiste Lëtzebuerg“
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