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Die Jungsozialisten haben den Bericht der Expertenkommission der die Beziehungen zwischen Staat und religiösen Gemeinschaften analysiert mit viel Interesse zur Kenntnis genommen und fühlen sich durch dessen Inhalt in ihrer Position bestätigt, dass eine größere Trennung zwischen Kirchen und Staat längst überfällig ist.
Die Jusos bekennen sich zur Glaubensfreiheit und fordern eine gerechte Behandlung aller Glaubensrichtungen. Um diese zu garantieren, gilt es jedoch, wie die Expertengruppe unterstreicht, die Beziehungen zwischen dem Staat und den Glaubensgemeinschaften umzubauen. Es ist heute nicht mehr tragbar, dass der katholischen Kirche eine hegemoniale Rolle in diesem Zusammenhang zukommt. Die Luxemburger Gesellschaft ist in den letzten Jahrzehnten pluralistischer geworden was die Religionszugehörigkeit anbelangt: nicht nur, dass der Atheismus und der Laizismus viele Anhänger gewonnen hat, sondern auch weil immer mehr verschiedene Glaubensrichtungen in Luxemburg praktiziert werden.
I. Finanzierung der Glaubensgemeinschaften
Die Jungsozialisten zeigen sich jedoch darüber erstaunt dass die Expertengruppe in Bezug auf die Finanzierung der Kirchen, das deutsche Modell der Kirchensteuer nicht als Alternative zum heutigen staatlichen Finanzierungsmodell sieht. Wir Jusos sind jedoch der Meinung dass gerade das Modell der Kirchensteuer eine gute Alternative ist, die jedem ermöglicht die religiöse Gemeinschaft seiner Wahl zu unterstützen, sowie den Nicht-Gläubigen nicht zwingen würde für etwas zu zahlen was er ablehnt.
Darüber hinaus, sollten die Glaubensgemeinschaften auf Eigenfinanzierung zurückgreifen um die nicht durch die Einnahmen der Kirchensteuer gedeckten Ausgaben zu begleichen. Die Gemeinden müssen aus der Pflicht genommen werden die Defizite der lokalen Kirchenfabriken zu finanzieren. Dies sollte nicht verhindern, dass Staat und Gemeinde für den Unterhalt der kulturell und patrimonial wertvollen Kirchengebäude aufkommen sollten. Die geltende Gesetzgebung in Sachen Denkmalschutz muss hier eingehalten werden. Alternative Nutzungen für leerstehende Kirchengebäude sollten auch gefunden werden. Die Jusos freuen sich in diesem Sinne dass die Expertengruppe die Abschaffung der Kirchenfabriken bevorzugt. Es gilt jedoch hier besonders zu beachten wie die heutigen Besitztümer der Kirchenfabriken aufgeteilt werden sollen und welche Gebäude unter anderem den Gemeinden oder dem Staat überschrieben würden. Ebenso verlangen wir die Offenlegung und Publikation der Konten der Glaubensgemeinschaften für welche der Staat diese Kirchensteuer eintreiben soll.
Die Jusos sind darüber hinaus erfreut dass die Expertengruppe die Kompensationstheorie (théorie de la compensation) als veraltet und nicht zutreffend charakterisieren. Dieser Theorie nach sei die öffentliche Finanzierung der Glaubensgemeinschaften als Kompensation für die während der französischen Revolution säkularisierten Kirchenbesitze gerechtfertigt. Wir fordern dass, im Gegenteil zu dem was in der Vergangenheit geschehen ist, die luxemburgischen Vertreter der katholischen Kirche sich nicht mehr auf dieses sinnlose Argument stützen.
In diesem Zusammenhang gilt es zu unterstreichen dass der Artikel 106 der Verfassung (Les traitements et pensions des ministres des cultes sont à charge de l’Etat et réglés par la loi) abzuschaffen ist.
II. Werteunterricht in der Schule
Die Jungsozialisten unterstützen die Forderung der Expertengruppe dass die derzeitige Regelung was den Religionsunterricht angeht überarbeitet werden muss. Von den drei von den Experten gemachten Vorschlägen unterstützen die JSL den der Einführung eines neutralen Werteunterrichts für alle Schüler[1]. Dieser Werteunterricht sollte einheitlich für alle Schüler sein. Sein Inhalt sollte sowohl eine objektive Einführung in die verschiedenen Religionen ermöglichen, aber auch auf die Stärkung der politischen Bildung setzen. Es gilt den Inhalt dieses Unterrichtes in dem Sinne zu gestalten dass er für die Schüler eine Vorbereitung auf das Leben in der Gesellschaft darstellt. Der Inhalt muss zusammen mit allen anerkannten Glaubensgemeinschaften aber vor allem auch mit Vertretern der Zivilgesellschaft (NGOs, Gewerkschaften, usw.) ausgearbeitet werden.
Der religiöse Unterricht im strengen Sinne (Katechismus) ist Privatsache und hat in unseren Augen nichts in den Schulprogrammen verloren! Die heutigen Katecheten und Religionslehrer sollten in der Übergangsphase nach der Abschaffung des Religionsunterrichts die Möglichkeit erhalten in anderen Funktionen in der öffentlichen Schule (z.B. chargé de cours) eingesetzt zu werden. Ihre beruflichen und sozialen Rechte würden so erhalten bleiben.
Mitgeteilt vom Nationalbüro der JSL am 11. Oktober 2012
[1] « Les cours de religions sont remplacés par des cours de culture religieuse présentant de manière distanciée et non confessionnelle les doctrines, les croyances et les expressions religieuses. », Rapport du groupe d’experts chargé de réfléchir sur l’évolution future des relations entre les pouvoirs publics et les communautés religieuses ou philosophiques au Grand-Duché de Luxembourg, octobre 2012, p.117.