Pressemitteilung: Mental Health

1. Einleitung

Eine von zehn Personen hat dem Pacte européen pour la santé mentale et le bien-être zufolge mit psychischen Problemen zu kämpfen, dazu zählen u.a.: Depressionen, Ängste, Psychosen sowie Symptome durch Alkohol- und Drogenabhängigkeit. 1

Ein Fünftel der luxemburgischen Bevölkerung hat nach Angaben des Forschungszentrums Centre de Recherche Public de la Santé (CRP-Santé) im Jahr 2010 zumindest einmal eine Rückerstattung für psychotrope Substanzen angefragt, dazu zählen Antidepressiva, Beruhigungs- und Schlafmittel. Im Hinblick auf die Gleichstellung der Geschlechter gilt zu beachten, dass Frauen (24,9%) eher eine Anfrage getätigt haben als Männer (15,1 %).

Wenn es um die Gesundheit der Bevölkerung geht, darf nicht an Maßnahmen gespart werden. Aus diesem Grund haben die Jeunesses Socialistes Luxembourgeoises (JSL) einen mehrseitigen Bericht zur Lage der Mental Health in Luxemburg verfasst. Die daraus resultierenden Forderungen an die Regierung zielen auf die Entwicklung einer konsequenten nationalen Strategie ab, die Ministerien übergreifend den Zustand mentaler Gesundheit verbessern soll. Im Folgenden haben wir die Forderungen zusammengefasst.

2. Gesetzlicher Rahmen und Rückerstattung

Angesichts der wachsenden Zahl psychischer Gesundheitsprobleme in der luxemburgischen Bevölkerung ist klar, dass viele Einwohner*innen professionelle Hilfe zur Verbesserung ihrer psychischen Gesundheit benötigen.

Psycholog*innen, Psychiater*innen und Psychotherapeut*innen werden noch oft entweder verwechselt oder gänzlich in einen Topf geworfen. Dabei handelt es sich hierbei um mehrere unterschiedliche Berufe, die sich sowohl im Hinblick auf die Ausbildung als auch bezüglich der rechtlichen Rahmenbedingungen, der Pflege sowie der Möglichkeit finanzieller Rückerstattung der in Anspruch genommenen Dienste unterscheiden.
Die Problemstellung wird deutlich, wenn bspw. die Dienste von Psycholog*innen (die in Luxemburg mit bis zu 145€/Stunde berechnet werden können) sowie die Leistungen von Psychotherapeut*innen immer noch nicht erstattet werden. Lediglich die Leistungen von Psychiater*innen werden aufgrund ihrer Ausbildung als Fachmediziner*innen erstattet.

Wir fordern daher:

• Eine Etablierung gesetzlicher Rahmenbedingungen, die die finanzielle Rückerstattung und/oder Kostendeckung von bei Psycholog*innen und Psychotherapeut*innen in Anspruch genommene Dienste ermöglichen und fördern. Das seit 2008 geltende System des ONE (Office National de l’Enfance) könnte hierbei als Orientierung dienen.

3. Personalmangel im Bereich mentaler Gesundheit

Der Altersdurchschnitt der derzeit aktiven Psychiater*innen in Luxemburg liegt bei über 50 Jahren. Ähnliches zeigt sich bei den psychiatrischen Krankenpfleger*innen auf. Ohne diese äußert wichtigen Berufe kann das Bestehen der Psychiatrie sowie das Angebot effizienter Behandlungen in Zukunft nicht mehr garantiert werden.

Wir fordern dahern:

• Eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen mit Blick auf leistbare Überstunden, Bereitschaftsdienste;
• eine Aufwertung des Berufes der Psychiater*innen, einerseits durch die Aufwertung ihrer Lohn-Nomenklatur und andererseits durch die Entstigmatisierung von mentalgesundheitlichen Krankheiten sowie den Berufen, die damit in Verbindung stehen. So könnte nicht nur der Beruf des Psychiaters, sondern auch der von psychiatrischen Krankenpfleger*innen aufgewertet und kreativer gestaltet werden;
• die Einführung aller notwendiger Bildungsmaßnahmen, damit in Luxemburg ein vollständiges Psychiatrie-Studium, von den Anfängen bis hin zur Berufsausübung abgeschlossen werden kann;
• die Erhöhung finanzieller Unterstützungen für Dienstleistungen abseits staatlicher Krankenhäuser, um Psychiater*innen gerechte Löhne, die ihre Spezialisation anerkennen, zu ermöglichen.

4. Mentale Gesundheit bei Kindern und Jugendlichen

Die Kinder und Jugendlichen müssen heute mit vielen mentalen Belastungen umzugehen wissen. Zunächst müssen sie sich in einer schnelllebigen von Konkurrenz-, Leistungs-, und Erwartungsdruck geprägten Gesellschaft zurechtfinden. Zudem müssen sie mit den Auswirkungen und Gefahren der Klimakrise, den sich ständig verändernden Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt und den unabsehbaren Folgen der durch die Corona-Krise befeuerten Zukunftsangst umgehen können. Zuletzt müssen die Kinder und Jugendlichen aber momentan auch auf die für die eigene Entwicklung wichtigen soziale Kontakte verzichten. Die WHO stellt fest, dass 10-20% aller Kinder und Jugendlichen weltweit unter einer psychischen Erkrankung leiden. Auch ist der Suizid die dritthäufigste Todesursache bei den 15 bis 19-jährigen. Eine Studie des Kinder- und Jugendtelefons Luxemburg hat ebenfalls herausgefunden, dass sich die Zahl der Anrufe in Verbindung mit mentalen Problemen in diesem Jahr deutlich im Vergleich zu 2019 gesteigert hat. Es ist demnach wichtig, die Kinder und Jugendlichen über die Bedeutung der mentalen Gesundheit bereits im frühen Alter aufzuklären und ihnen Mittel in die Hand zu geben mit denen sie ihre eigene, also auch die mentale Gesundheit ihres Umfeldes verstehen und evtl. verbessern können.

Wir fordern daher:

• Präventions- und Informationsmöglichkeiten bezüglich mentaler Gesundheit mit Hilfe einer App;
• eine in die Ausbildung der Lehrkräfte eingebaute und verpflichtende Formation für die Sensibilisierung mentaler Gesundheit;
• eine Enttabuisierung und Sensibilisierung in der Sekundarschule durch die Einführung von Workshops rund um das Thema “Mentale Gesundheit”. Ausarbeiten eines “Methodenkoffers” für die Grundschule, der die Kinder auf spielerische Art und Weise mit dem Thema mentaler Gesundheit vertraut macht;
• die Einführung eines “Mental Health Day” in den Schulen sowie informative Veranstaltungen zu dem Thema;
• eine Erweiterung des “Centre Psycho-Social et d’Accompagnement Scolaires (SPOS)” um einen externen Schulpsychologen, der für eine bestimmte Anzahl von Schulen zuständig ist und den Schülern die Möglichkeit bietet, psychologische Hilfe und Beratung zu erhalten.

5. Mentale Gesundheit in der Arbeitswelt

Die Arbeit nimmt einen Großteil unseres Lebens ein und prägt uns inständig. Einen erfüllenden Beruf zu haben ist laut der WHO deswegen auch unerlässlich für das eigene Wohlbefinden. Gerade ein negatives Arbeitsumfeld jedoch kann zu mentalen Problemen führen, was wiederum die eigene Produktivität und körperliche Gesundheit negativ beeinflusst. Der “Quality of Work Index 2019” hat herausgefunden, dass auch hier in Luxemburg die mentale Belastung auf der Arbeit groß ist. 59% der Befragten fühlen sich auf der Arbeit oftmals einer mentalen Belastung ausgesetzt. Jeder Dritte empfindet hohen Stress auf der Arbeit und nur jeder Fünfte schafft es nach der Arbeit abzuschalten. Es erfordert demnach Maßnahmen, um die mentale Gesundheit der arbeitenden Bevölkerung zu sichern.

Wir fordern daher:

• Eine erhöhte Zugänglichkeit (bzw. berufsspezifische Verpflichtung) zu Erste-Hilfe-Kursen und zu Formationen bezüglich mentaler Gesundheit;
• eine Erleichterung der Rückkehr an den Arbeitsplatz nach einer mentalen Erkrankung sowie das Recht, bei großer mentaler Belastung auf der Arbeit professionelle Hilfe in Anspruch nehmen zu können, durch Unterstützung von einem Arbeitspsychologen sowie eines oder einer psychiatrischen Krankenpflegers/Krankenpflegerin in allen größeren Arbeitsstrukturen;
• das Ausarbeiten staatlicher Richtlinien, angepasst an die Größe der Betriebe und Arbeitsstrukturen, die Arbeitgeber*innen erfüllen müssen, um präventiv gegen mentale Krankheiten und Mobbing am Arbeitsplatz vorzugehen. Das Modell im öffentlichen Dienst könnte hierzu als Vorbild dienen;
• die Entwicklung einer nationalen Strategie, um flexible Arbeitszeiten, das Recht auf Homeoffice sowie eine Verkürzung der 40-Stunden Arbeitswoche auf absehbare Zeit in Aussicht zu stellen.

6. Mentale Gesundheit in der Gesellschaft fortgeschrittenen Alters (Ü60)

Die mentale Gesundheit spielt auch bei unserer älteren Gesellschaft eine große Rolle. Die Gesellschaft fortgeschrittenen Alters macht einen immer größeren Teil unserer Gesellschaften aus. Aus diesem Grund ist es umso mehr wichtig auch auf ihre mentale Gesundheit zu achten.
Laut WHO sind 20% der Personen über 60 von einer mentalen Krankheit betroffen oder leiden unter einer neurologischen Pathologie. Schwierigkeiten bei der Problemfeststellung sind oft eine falsche Diagnostik, eine Nicht-Anerkennung des Problems oder die Bagatellisierung psychischer Krankheiten als “Nebenwirkungen” des fortgeschrittenen Alters.
Ein weiterer Faktor, der zur Verschlechterung des mentalen Zustandes beiträgt, ist die oft vorhandene Angst, die mit dem Eintritt in die Rente kommt. Hier beginnt ein neuer Lebensabschnitt, mit dem sehr viele Menschen zu kämpfen haben, da ihnen die Routine und der “Sinn” fehlt. Schlussendlich wird die mentale Stabilität sehr stark von sozialer Isolation und der damit verbundenen Einsamkeit beeinträchtigt.

Wir fordern daher:

• Eine Ausbildung des Personals im Arbeitsmilieu mit Menschen ab dem 60. Lebensjahr, um präventiv mit Verschlechterungen des mentalen Zustands umzugehen;
• eine Präventionskampagne explizit für Bürger*innen im fortgeschrittenen Alter;
• die Präsenz von Psycholog*innen in Altersheimen;
• die Sensibilisierung des Umfeldes der betroffenen Person durch beispielsweise Infoveranstaltungen und Workshops.

Das Nationalbüro der Jeunesses Socialistes Luxembourgeoises Luxemburg, den 2. Februar 2021


1 Commission européenne. (2008, 12. Juni). Pacte européen pour la santé mentale et le bien-être.